Wie Fotografen einen Politstar inszenieren

Bereits vor Amtsantritt galt Barack Obama als eine Ikone. Dafür sorgten nicht zuletzt die Heere von Presse- und Promi-Fotografen. Wie diese den Spitzenpolitiker inszenieren, damit befasste sich Fotopsychologe Professor Martin Schuster.

Im Auftrag der Bildagentur Shutterstock wurden Fotos Barack Obama analysiert. Martin Schusters Beobachtungen im Überblick:

»Die Fotografen arbeiten mit dem Lichteinfall. Ein starkes seitliches Licht im Moment der Aufnahme teilt das Gesicht von Obama in helle und dunkle Bereiche: Fast weiße und fast schwarze Hautpartien beruhigen Sorgen und bestätigen Identitäten der potenziellen Wähler.

Obama ist der absolut korrekte Ehrenmann mit Hemd und Krawatte oder Jackett und Krawatte. Der Ehering ist auf den Bildern sehr oft sichtbar. Obama verhält sich demütig gegenüber den Vertretern der Religion und den Symbolen des Staates. Er kann aber auf einigen Bildern auch »hemdsärmelig« auftreten (Redensart: »die Ärmel hochkrempeln«).

Barack Obama blickt (fixierend) in die Ferne, er ist ein Visionär, der den Weg in die Zukunft weisen kann (Armbewegungen), er ist aber auch der energische Mensch der Tat. Er kann zupacken, hält seine Angelegenheiten in der Hand. Er hat fast immer etwas in den Händen (oft ein Mikrofon). Untersicht und Blick nach oben betonen die Größe des Kinns (wie seit jeher bei den Bildern mächtiger Menschen).

Obama kann die Massen führen. Man sieht – speziell junge – Menschen, die hinter ihm stehen (Redensart: »hinter jemandem stehen«). Er ist aber gleichzeitig dem einzelnen Menschen nah. Er hört ihm zu und blickt ihn dabei schweigend an. Er hat auch keine Berührungsängste. Obama berührt Menschen mit der Hand, ja er fühlt sich offensichtlich wohl inmitten des Gedränges.

Menschen reagieren auf Sozialpartner mit dem reziproken Affekt. Wenn uns eine Person anlächelt, lächeln wir zurück. Angela Merkel wurde allein deshalb von vielen Menschen abgelehnt, weil sie habituell stark fallende Mundfalten hat. Das Wichtigste der Kampagne ist es also, den Kandidaten in einer positiven Stimmung darzustellen. Hier hat man sich am Vorbild Clintons orientiert. Der entspannt-ernste, leicht offene Mund suggeriert (bei Menschen und auch z.B. bei Hunden) eine freundliche »Spielstimmung«. Genau so sieht man Barak Obama sehr häufig; manchmal lächelt er auch. Dabei ist er absolut entspannt und unaufgeregt. Selbst das Mikrofon hält er mit locker entspannter Hand. Der mitunter leicht geneigte Kopf zeigt seine intim-freundliche Haltung gegenüber den Zuhörern.

Wenn der Kandidat besonders schöne Seiten hat, wird der Fotograf sie nicht verstecken. Die schöne, feingliedrige Hand Obamas, die auf Kultiviertheit und geistige Differenzierung schließen lässt, wird zur Hauptdarstellerin auf den Fotos.«

Prof. Dr. Martin Schuster ist Professor an der Universität Köln und Autor zahlreicher Veröffentlichungen in den Forschungsgebieten Kunstpsychologie, Fotopsychologie und Kunsttherapie. Für die obige Bildanalyse verwendete er Fotos der U.S.-Bildagentur Shutterstock.

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