Illustrationsstile und -arten
Illustrationen prägen Markenauftritte, Kampagnen und Editorials. Der Überblick zeigt gängige Illustrationsstile, wie sie aktuell in D/A/CH professionell eingesetzt werden – mit kurzer Einordnung und typischen Einsatzfeldern.

Illustration ist aus der visuellen Kommunikation nicht wegzudenken. Ob in Werbekampagnen, Editorial-Design, Buchillustrationen oder Webdesign – der passende Illustrationsstil kann eine Botschaft klarer und emotionaler vermitteln als Worte allein. Die Bandbreite an Illustrationsstilen ist enorm, von reduzierten Flat-Design-Grafiken bis zu aufwendigen Fantasiegemälden. Kein Stil ist per se „besser“ als der andere; entscheidend ist immer der Zweck und die Zielgruppe.
Dieser Beitrag liefert einen kleinen Überblick über die gängigen Illustrationsstile im deutschsprachigen Raum. Er soll Kreativen als Inspiration dienen und Auftraggebern helfen, die richtige Stilrichtung für ihr Projekt zu finden.
Zur schnellen Orientierung gibt es eine übersichtliche Tabelle. Detailbeschreibungen zu bestimmten Illustrationsstilen und -arten folgen dann in den verschiedenen Abschnitten darunter.
Tabelle: Überblick der Illustrationsstile
| Illustrationsstil | Merkmale & typische Einsatzgebiete |
|---|---|
| Minimalismus | Einfache Formen, wenige Farben – vermittelt klare, reduzierte Botschaften. |
| Realismus / fotorealistisch | Detailgetreue, realitätsnahe Darstellung mit feinen Details und präzisen Proportionen. Geeignet, um Fotos zu ersetzen (z.B. Produktvisualisierungen). | |
| Cartoon / Comic | Vereinfachte, oft humorvolle Zeichnungen mit übertriebenen Figuren. Erzählerisch in Comics (Sequenzen) oder Cartoons (Einzelbild-Gags). Häufig in Editorials und Kinderbüchern. |
| Surrealismus / Fantasy | Traumartige, fantastische Szenen, die das Unwirkliche zeigen. Beliebt in Videogames und Fantasy-Art; weckt Staunen und regt die Vorstellungskraft an. |
| Vintage / Retro | Nostalgischer Stil vergangener Epochen, z.B. Pop-Art, Jugendstil oder 1950er-Look. Einsatz von gedämpften Farben, grober Linienführung und Retro-Texturen. Ideal für Retro-Themen, Plattencover oder Nostalgie-Werbung. |
| Flat (Vektorstil) | Flächiger 2D-Stil ohne Tiefenwirkung; klare Konturen, leuchtende Vollfarben. Entstanden im UI/Webdesign, heute verbreitet in Infografiken, Icons und Erklär-Videos. |
| Isometrisch | Geometrische 3D-Darstellung auf einer 2D-Fläche (meist 30°-Winkel). Wirkt technisch-kühl, ähnlich Architekturzeichnungen. Oft in IT- und Technik-Illustrationen für Websites eingesetzt. |
| 3D-Illustration | Dreidimensional gerenderte Figuren oder Objekte mit Licht und Schatten. Plastisch und wow-Effekt-garantiert. Perfekt für Produkt-Renderings, Animationen oder futuristische Branding-Key-Visuals. |
| Line Art (Linienzeichnung) | Darstellung nur mit Umrisslinien, meist monochrom. Kann minimalistisch oder detailreich sein; flexibel für Logos, Icons, Tattoos oder Editorial-Designs. |
| Skizzen-/Doodle-Stil | Bewusst roh und handgezeichnet wirkend. „Kritzel“-Illustrationen vermitteln Spontaneität und werden z.B. in Whiteboard-Erklärvideos oder lockeren Layouts genutzt. |
| Technische Illustration | Präzise, erklärende Zeichnungen mit korrekten Proportionen und Beschriftungen. Verwendet in Bedienungsanleitungen, technischen Diagrammen oder wissenschaftlichen Publikationen. |
| Editorial Illustration | Maßgeschneiderte Bilder für Magazine, Zeitungen, Blogs etc., oft metaphorisch auf den Artikelinhalt bezogen. Vermittelt Stimmungen oder komplexe Themen auf einen Blick für Leser. |
| Kinderbuch-Stil | Verspielte, farbenfrohe Illustrationen, oft mit vereinfachten Figuren. Passt sich der Altersgruppe an (von einfachen Formen für Kleinkinder bis zu detailreichen Bildern für ältere Kinder). Schafft einen nostalgischen und fantasievollen Look, der auch Erwachsene anspricht. |
| Anime / Manga | Japanischer Comicstil mit stark stilisierten Figuren – z.B. große ausdrucksvolle Augen, dynamische Perspektiven. Einsatz in Mangas, Anime-Filmen und zunehmend in Werbekampagnen, die einen modernen, popkulturellen Touch suchen. |
| Karikatur | Porträtkarikaturen mit übertriebenen Merkmalen (große Köpfe, markante Züge) zur satirischen Überspitzung. Häufig in politischen Cartoons und als Event-Attraktion (Schnellzeichner) genutzt. |
| Mode-Illustration | Elegante Figurinen mit Fokus auf Kleidung und Körpersilhouette. Dient zur Präsentation von Entwürfen in der Fashion-Branche und als ästhetischer Content in Magazinen oder sozialen Medien. |
| Collage / Mixed Media | Kombination verschiedener Medien: z.B. Zeichnungen mit Fotos, ausgeschnittene Papiertexturen etc. Erzeugt einen handgemachten Look. Eingesetzt in Editorial Design, Plakaten oder Album-Covern für einen künstlerischen Effekt. |
| Aquarellstil | Weiche Verläufe und transparente Farben, wie mit echter Aquarellfarbe gemalt. Beliebt für Einladungen, Grußkarten, Illustrationen in Beauty & Wellness-Themen (wirkt zart und edel). |
| Pixel Art | Absichtlich niedrige Auflösung mit sichtbaren Pixeln, erinnert an Retro-Videospiele. Nischig, aber beliebt für Gaming-Themen, App-Icons oder nostalgische Events. |
| Abstrakte Illustration | Kunstvolle, nicht-gegenständliche Motive, die Gefühle oder Konzepte durch Farben, Formen und Texturen ausdrücken. Verwendung in modernen Artworks, Musikcovern oder Plakatkunst, um eine starke Stimmung zu erzeugen. |
Vektorbasierte und moderne Stile
Flat Design und Minimalismus
Einer der prägendsten modernen Illustrationsstile ist das Flat Design. Er entstand vor einigen Jahren im Web- und App-Design und zeichnet sich durch eine minimalistische Formsprache ohne Schlagschatten oder plastische Effekte aus.Flat-Illustrationen nutzen flächige Farben und klare Kanten, was sie besonders vielseitig macht – von Corporate Designs über Bücher bis hin zu Branding-Grafiken.
Der verwandte minimalistische Stil treibt die Reduktion noch weiter und arbeitet oft mit nur einer Farbe oder extrem vereinfachten Linien, um eine Botschaft auf den Punkt zu bringen.

Diese Stile eignen sich unter anderem, um komplexe Informationen einfach darzustellen, etwa in Infografiken oder Icons, da sie auch in kleiner Größe oder auf Mobilgeräten gut erkennbar bleiben. Zudem lassen sie sich dank Vektorgrafik ohne Qualitätsverlust skalieren – für unterschiedliche Ausgabeformate vom Web-Banner bis zum Großplakat.
Geometrischer und isometrischer Stil
Geometrie spielt in vielen modernen Illustrationen eine große Rolle. Geometrischer Stil bedeutet, dass Illustrationen aus einfachen Grundformen (Kreise, Rechtecke, Dreiecke) zusammengesetzt werden. Das kann abstrakt-künstlerisch wirken oder – je nach Arrangement – an Bauhaus und Swiss Design erinnern.

Ein Spezialfall ist der isometrische Stil, der dreidimensionale Objekte auf einer flachen Fläche darstellt. Isometrische Illustrationen wirken technisch und strukturiert: Sie haben häufig einen klaren, architekturähnlichen Aufbau und lassen sich z.B. nutzen, um komplexe Systeme oder Räume übersichtlich darzustellen.

Oft sieht man sie in IT- und Finanzthemen (z.B. schematische Stadtansichten, Rechenzentren oder Büro-Szenen in isometrischer Perspektive auf Websites). Sie verbinden dabei die Klarheit von Vektorgrafiken mit einem Hauch von 3D-Tiefe, bleiben aber stilisiert genug, um universell einsetzbar zu sein.
Linienkunst und Skizzen
Line Art – also Illustrationen, die nur aus Linien ohne Füllflächen bestehen – hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen.

Auf Social Media und in Logos sieht man häufig minimalistische einfarbige Linienzeichnungen, die einen eleganten, zeitlosen Eindruck vermitteln. Sie reichen von ganz einfachen One-Line-Drawings (ein Motiv in einer ununterbrochenen Linie gezeichnet) bis zu komplexen Schraffur-Zeichnungen. Line Art wird wegen ihrer Vielseitigkeit geschätzt: Sie funktioniert in klein und groß, in Print wie digital, und lässt sich farblich leicht anpassen.

Eine spielerische Variante davon ist der Doodle- oder Scribble-Stil, der wie spontan gekritzelt wirkt. Dieser Skizzenstil schafft eine lockere, zugängliche Atmosphäre und kommt z.B. in Erklärvideos (Stichwort Whiteboard Animation) oder auf kreativen Webseiten zum Einsatz. Beide Varianten – präzise Line Art und freie Skizzen – verleihen Designs eine persönliche Note, die sich von eher glatt wirkenden Fotografien abhebt.
3D-Illustrationen
Mit fortschreitender Softwareentwicklung haben sich in den letzten Jahren dreidimensionale Illustrationen zu einem großen Design Trend entwickelt. Dabei werden Figuren, Objekte oder ganze Szenerien digital modelliert und gerendert, sodass sie plastisch im Raum stehen. 3D-Illustrationen sind in Digitalprojekten beliebt, etwa auf Websites, in Apps oder als Teil von Motion Designs, weil sie sofort Aufmerksamkeit erregen können.

Interessanterweise geht es bei 3D-Illustrationen nicht immer um perfekten Realismus. Oftmals werden bewusst stilistische Elemente beibehalten, damit das Resultat verspielt und ikonisch bleibt.
Typische Erscheinungsbilder sind z.B. die sogenannten Clay Illustrations (Objekte sehen aus wie bunte Tonfiguren) oder futuristische 3D-Kompositionen mit abstrakten Formen und Verläufen. Für Unternehmen und Agenturen bieten 3D-Illustrationen die Möglichkeit, Innovationsfreude und Modernität auszudrücken. Allerdings erfordert ihre Erstellung spezielles Know-how und ist mitunter aufwändiger als zweidimensionale Grafik.
Figurative Stile: Cartoon, Comic & Charaktere
Cartoon-Stil
Unter „Cartoon“ versteht man meist einen vereinfachten, witzigen Zeichenstil, der oft in einzelnen Panels oder kurzen Sequenzen eine Geschichte erzählt. Typisch sind überzeichnete Proportionen (z.B. große Köpfe, ausdrucksstarke Gesichter) und klar umrissene Konturen.
Cartoon-Illustrationen zielen darauf ab, humorvoll oder pointiert zu unterhalten. In Zeitungen kennt man z.B. politische Cartoons, die ein aktuelles Thema satirisch auf den Punkt bringen. Im Unterschied zum Comicstrip kann ein einzelner Cartoon schon eine ganze Pointe vermitteln.
Dieser Stil wird gerne in Erklärgrafiken, Storyboards oder Marketing-Kampagnen eingesetzt, wenn ein lockerer, allgemein verständlicher Ton gewünscht ist. Für Kinder sind Cartoons ebenfalls attraktiv, da sie klare Formen und oft fröhliche Farben bieten. Insgesamt verbinden Cartoon-Stile Einfachheit mit starkem Ausdruck. Dieser Umstand lässt sich beispielsweise nutzen, um komplizierte Inhalte auf sympathische Weise zugänglich zu machen.
Comics & Graphic Novels
Der Comic-Stil liegt nahe am Cartoon, hat aber eigene Traditionen und reicht von westlichen Superheldencomics bis hin zur japanischen Manga-Kunst.

Comics sind sequenzielle Bildgeschichten, in denen Illustrationen mit Text (Sprechblasen, Erzählboxen) eine fortlaufende Handlung ergeben.
Illustrativ deckt das Spektrum hierbei viele Stile ab. Superhelden-Comics etwa nutzen oft dynamische Line Art mit kräftiger Kolorierung. Franco-belgische Comics (à la »Tim und Struppi«) zeigen einen klaren Strich und flächige Farben. Mangas hingeben haben einen eigenen Schwarzweiß-Stil mit ausdrucksvollen Rasterfolien und typischen Gesichtsstilen (große Augen etc.).

Comics und Mangas haben ihren Weg inzwischen auch in die Werbe- und Kampagnenwelt gefunden – z.B. als Graphic Recording auf Messen oder in Social-Media-Comics für Marken. Ihr Vorteil: Sie haben hohen Wiedererkennungswert und sprechen (nicht nur junge) Zielgruppen an, die mit diesen Stilen aufgewachsen sind. Zudem bieten Comics die Möglichkeit, komplizierte Abläufe in erzählerische Bilder zu fassen, was in der internen Kommunikation oder Schulungsmaterialien genutzt werden kann.
Karikatur
Die Karikatur ist ein Urgestein der Illustration und besonders in Form von Porträtzeichnungen zu finden. Hierbei werden charakteristische Merkmale einer Person bewusst übertrieben und beispielsweise eine markante Nase noch größer gezeichnet oder ein bekanntes Kinn noch eckiger dargestellt. Das Ergebnis ist meist humorvoll oder sarkastisch und soll den Wiedererkennungswert der Person mit einem Augenzwinkern hervorheben.
In Deutschland hat diese Tradition u.a. Loriot oder die Zeitschrift »Titanik« geprägt. Karikaturen begegnen uns außerdem in Zeitungen (in Form von politischen Karikaturen), auf Karnevalsveranstaltungen (als Bühnenzeichnung) oder als Auftragskunst auf Events (Straßenkünstler, die Gäste in wenigen Minuten karikieren).
Für Kampagnen werden Karikatur-Stile gelegentlich genutzt, um einen ironischen Kommentar abzugeben oder um eine Marke mit Humor und Menschlichkeit aufzuladen. Ein Beispiel sind Karikatur-Illustrationen von Führungskräften in Geschäftsberichten oder auf Unternehmenswebsites, die Seriosität mit einem Augenzwinkern brechen. Wichtig bei Karikaturen ist der Kontext bzw. das passende Umfeld.
Anime/Manga-Stil
Dieser aus Japan stammende Illustrationsstil hat weltweit enormen an Einfluss gewonnen. Anime (animierte Filme/Serien) und Manga (Comics) zeichnen sich durch ikonische Charakterdesigns mit großen Augen, aufwendige Haarstyles, dynamische Bewegungsdarstellungen und emotionaler Mimik aus.
Obwohl Manga ursprünglich schwarzweiß gedruckt werden, spricht man im westlichen Designbereich auch bei farbigen Illustrationen mit diesem Look von »Manga-Stil«.
In Deutschland sind insbesondere bei jüngeren und junggebliebenen Zielgruppen Anleihen aus dem Anime- und Manga-Stil beliebt – sei es in Werbespots mit Anime-Ästhetik, auf Messeplakaten für Entertainment-Events oder in Social Media-Illustrationen (Stichwort Popkultur-Referenzen).

Der Anime-Stil vermittelt Dynamik, Jugendlichkeit und teils auch Nostalgie bei Fans. Professionelle Illustratorinnen und Illustratoren setzen diesen Stil beispielsweise für Charakter-Maskottchen, Comicstrips oder Merchandise-Designs ein. Im Gegensatz zu westlichen Cartoons wirken Anime/Manga-Figuren oft auch ernsthafter oder emotionaler.
Kinderbuch-Illustration
Kinderbuchstile sind ein weites Feld. Sie haben alle gemein, dass sie die Fantasie der jungen Leser beflügeln sollen. Oft sind die Zeichnungen bunt, weich und verspielt und mit liebevollen Details versehen, die es zu entdecken gilt.
Je nach Altersgruppe variieren die Stilrichtungen: Illustrationen für Pappbilderbücher für Kleinkinder sind oft sehr reduziert (klare Formen, freundliche Grundfarben), während Bilder für ältere Kinder auch mal aufwändiger und realistischer sein dürfen.

Häufig kommen traditionelle Techniken wie Aquarell, Buntstift oder Gouache in analoger oder digital nachempfundener Form zum Einsatz.
Professionelle Illustratorinnen und Illustratoren aus dem Raum D/A/CH haben teilweise erkennbare Handschriften entwickelt, die oft leicht skurril oder auch märchenhaft daherkommen.

In heutigen Kampagnen greift man den Kinderbuch-Stil zum Beispiel auf, um Familienfreundlichkeit zu betonen oder um eine Marke sympathischer und zugänglicher wirken zu lassen.
Ein charmanter Kinderbuch-Look kann natürlich auch Erwachsene emotional ansprechen (Stichwort »Nostalgie«). Wichtig ist hier die Abstimmung mit dem Inhalt. Niedliche Tierchen im Pastell-Aquarellstil passen zu einem Kindergarten-Projekt, wären aber bei einer sachlich gehaltenen Finanzbroschüre eher fehl am Platz.
Realistische und detailreiche Stile
Realismus und Fotorealismus
Am anderen Ende des Spektrums steht die realistische Illustration, die versucht, Motive möglichst wirklichkeitsgetreu darzustellen.
Dank digitaler Mal-Tools (wie Photoshop oder Procreate) erreichen manche Illustratoren eine Fotoqualität, bei der man zweimal hinschauen muss, um zu erkennen, ob es dabei um ein Zeichnung oder ein echtes Foto handelt.
Solche Photobashing-Techniken oder hyperrealistischen Digital Paintings finden sich zum Beispiel in Werbung – etwa wenn ein Produktbild in gewünschter Perfektion nicht fotografiert werden kann und daher gemalt/gerendert wird. Auch in Menü-Gestaltungen (z.B. detailreiche Food Illustrations) oder Buchcovern werden häufig realistische Stile eingesetzt, um ein hochwertiges, künstlerisches Flair zu vermitteln.

Der Vorteil realistischer Illustrationen: Sie zeigen Dinge, die es vielleicht (noch) nicht gibt, auf greifbare Art. Produkt-Prototypen, historische Szenen oder futuristische Visionen lassen sich so leichter darstellen und vermitteln. Allerdings sind sie mitunter zeitaufwendig zu erstellen.
Häufig werden auch realistische Proportionen und Details mit einer leichten stilistischen Note gewählt, die das Bild dennoch als Illustration erkennbar machen. So bleibt die künstlerische Note erhalten, und der »Uncanny Valley«-Effekt (allzu echte, aber irgendwie leblos wirkende Bilder) wird vermieden.
Konzeptkunst (Concept Art)
Dieser Stil kommt ursprünglich aus der Film- und Game-Industrie. Concept Artists entwerfen beispielsweise das Aussehen von Fantasy-Welten, Figuren oder Szenen, noch bevor der eigentliche Film oder das Spiel überhaupt in Produktion gehen.

Stilistisch ist Concept Art oft sehr detailreich und stimmungsvoll, kann aber von realistisch bis hin zu malerisch-abstrahiert variieren. Hauptsache bei dieser Art von Illustration ist, dass sie die Vision des Künstlers transportieren.
Inzwischen findet Concept Art auch Eingang in Marketing und Werbung: Beispielsweise nutzen Filmverleihe konzeptartige Illustrationen für Teaser-Plakate. Zudem lassen sich Unternehmen von futuristische Szenarien von Concept Artists malen, um Innovation greifbar zu machen. Da Concept Art häufig Fantasy- und Sci-Fi-Elemente beinhaltet, überschneidet sie sich mit dem bereits erwähnten surrealen/fantastischen Stil.
Technische und wissenschaftliche Illustrationen
Hierunter fallen Illustrationen, die hauptsächlich zum Erklären dienen. Beispiele sind medizinische Illustrationen (etwa anatomische Zeichnungen des Körpers), technische Schnittzeichnungen von Maschinen, architektonische Visualisierungen oder infografische Darstellungen von Daten.

Der Stil ist oft sachlich, manchmal line-artig oder flächig gehalten und mit klaren Beschriftungen und Maßstäben versehen. Ein gutes technisches Schaubild ist genau und verständlich, aber dennoch ästhetisch ansprechend.
Illustratoren in diesem Bereich kombinieren künstlerisches Talent mit Fachwissen (oder enger Zusammenarbeit mit Experten). In Unternehmenskommunikation kommen technische Illustrationen z.B. in Whitepapern, Manuals oder auf Websites zum Einsatz, wo komplexe Abläufe (Produktionsprozesse, Ablaufdiagramme etc.) anschaulich gemacht werden müssen.
Die Farbgebung ist häufig reduziert (z.B. Blaupausen-Look oder Graustufen) und Perspektiven erscheinen oft parallel oder isometrisch, um Verzerrungen zu vermeiden.
Trotz aller Nüchternheit gibt es Spielraum für Stil. Beispielsweise benutzen manche moderne Tech-Startups isometrische Illustrationen in Pastelltönen, um ihre Software-Architektur darzustellen, was zugleich technisch UND sympathisch wirken kann.
Editorial- und Werbeillustrationen
Im redaktionellen Umfeld (Zeitschriften, Zeitungen, Blogs) werden Illustrationen häufig eingesetzt, um Texte aufzuwerten und das Interesse der Leser zu wecken. Hier ist der Stil vollkommen abhängig vom Thema. Ein politischer Kommentar in »Der Spiegel« könnte mit einer bissigen Collage-Illustration versehen sein, während ein Reisebericht in der „Zeit“ eher eine stimmungsvolle Aquarellillustration eines Strandes zeigt.
Editorial Illustrationen können auch künstlerisch oder metaphorisch sein. Oft sollen sie den Text nicht wortwörtlich nachzeichnen, sondern einen Aspekt pointiert herausgreifen.

In Werbekampagnen verhält es sich meistens ähnlich: Je nach Botschaft wählt man den passenden Stil. Für ein Innovations-Thema etwa einen futuristischen 3D-Stil, für ein Bio-Lebensmittel eine organisch anmutende Aquarell- oder Buntstiftzeichnung, um Natürlichkeit zu vermitteln.
Die große Stärke von Illustrationen in Werbung und Editorial: Sie können eine Markenbotschaft visualisieren, ohne auf vorhandenes Bildmaterial zurückgreifen zu müssen. Dadurch lässt sich ein einzigartiger visueller Auftritt schaffen, der nicht austauschbar ist. Im Branding werden Illustrationen daher häufig genutzt, um Logos, Packaging oder Websites einen individuellen Charakter zu geben. Erfolgreiche Beispiele zeigen, dass illustrative Stile eine Marke deutlich differenzieren können.
Traditionelle Techniken und Retro-Trends
Aquarell, Bleistift & Co.
Viele Illustrationsstile basieren auf klassischen Handzeichnungstechniken, die teils schon seit Jahrhunderten bestehen.

Aquarell-Illustrationen mit ihren fließenden Farbverläufen können leicht und poetisch wirken, was z.B. in der Hochzeitspapeterie oder bei Lifestyle-Magazinen gefragt ist.
Bleistift- oder Kohlezeichnungen bringen eine skizzenhafte, künstlerische Note – etwa in Portraitillustrationen oder Mode-Skizzen.

Tintenzeichnungen (z.B. Feder und Tusche) liefern klare, kontrastreiche Bilder. Man findet sie etwa in Graphic Novels oder Editorials, wo ein Hauch von Retro-Grafik gewünscht ist.
In Deutschland gibt es eine lebendige Szene von Illustratorinnen und Illustratoren, die bewusst analog arbeiten oder digitale Kunst so aussehen lassen, als wäre sie von Hand gemacht. Diese analogen Stile vermitteln Authentizität und Handwerklichkeit – ein Kontrapunkt zur perfekten Digitalästhetik. Daher setzen manche Marken ganz gezielt auf Handillustrationen, um sich beispielswesie im Food-Segment (Stichwort »Tafelkreide-Look« auf Menütafeln) oder im Corporate Publishing (illustrierte Geschäftsberichte) menschlicher und nahbarer zu präsentieren.

Moderne Software macht es möglich, traditionelle Looks digital zu emulieren: Aquarellpinsel in Photoshop, Procreate mit Bleistift-Textur usw. So entstehen Hybridformen, bei denen man kaum erkennt, ob die Illustration analog oder digital ist.
Letztlich zählt das Erscheinungsbild: Soll es weich und organisch wirken (Aquarell, Pastellkreide), elegant (Bleistift, Tuschfeder) oder markant (Holzschnitt-Look mit harten Schwarztönen)? Je nach gewünschter Anmutung lässt sich die entsprechende Technik wählen.
Vintage- und Retro-Stile
Retroillustrationen liegen im Trend, weil sie Nostalgie wecken und sich vom heutigen Mainstream abheben. Das können Vintage-Werbeplakat-Stile der 1920er sein (Jugendstil / Art Déco), knallige Pop-Art Comics der 1960er oder schrille 80er-Jahre-Motive. Vieles, was vergangene Design-Epochen zitiert, fällt unter den großen Bereich »Retro«.
Oft sieht man körnige Texturen, gedämpfte »aged« Farben oder groben Druckraster, um den Look alter Drucktechniken nachzuahmen.

In der Werbung werden Retro-Stile häufig eingesetzt, um Tradition und Beständigkeit zu suggerieren (etwa bei Premium-Produkten mit Nostalgie-Touch) oder schlicht wegen des Coolness-Faktors, den Retrodesign mit sich bringt. Ein Beispiel sind Craft-Bier-Etiketten, die im Stil alter Medizinflaschen oder 50er-Jahre-Comics illustriert sind, um ein hip-authentisches Image aufzubauen. Auch Musikfestivals und Modefirmen greifen gerne Retro-Illustrationen auf, um sich trendbewusst und kulturverbunden zu geben.

Bei Retroillustrationen kann es ferne von Vorteil sein, wenn erkennbar wird, dass die Anleihen an alte Zeiten bewusst getroffen wurden. Viele Illustratorinnen und Illustratoren stellen Retro mit einem modernen Twist dar (z.B. Retro-Farben, aber dennoch moderne Typografie), damit die Illustration nicht altbacken wirkt, sondern als zeitloser Stil-Mix herüberkommt.
Pixel Art
Absichtlich niedrig aufgelöste Rastergrafik mit sichtbar gerasterten Bildpunkten. Der Look erinnert an Heimcomputer- und Konsolenästhetik der 1980er/1990er und wird gezielt für eine nostalgische, spielerische Anmutung eingesetzt. Geeignet für Gaming-Themen, Retro-Kampagnen, App-Icons, Social-Media-Assets, Eventplakate oder einfache Charaktere und Szenen im 8-Bit/16-Bit-Stil.

Hinweise für die Produktion: Pixel Art ist rasterbasiert und bleibt scharf bei ganzzahligen Skalierungen (z. B. 200 %, 400 %). Anti-Aliasing und Weichzeichner vermeiden; begrenzte Paletten (z. B. 8–32 Farben), 1-px-Outlines und Dithering-Muster unterstützen die authentische Anmutung. Für Klarheit besser als PNG/GIF exportieren; ein nachträgliches Vektorisieren kann den charakteristischen Pixel-Look womöglich verfälschen.
Psychedelischer Stil
Eng verwandt mit Retro ist der psychedelische Illustrationsstil, der besonders die Ära der späten 1960er repräsentiert. Geschwungene, sich wiederholende Formen, knallige Kontrastfarben, optische Illusionen – dieser Stil soll an Halluzinationen und freie Kreativität erinnern. Berühmt geworden durch Konzertplakate und Plattencover der Hippie-Zeit, erlebt Psychedelic Art immer wieder Revivals.

Heute taucht ein psychedelischer Stil zum Beispiel in Festival-Postern, im Game-Design oder in Fashion-Editorials auf, um einen bohemienhaften, rebellischen Touch zu vermitteln. In einem Corporate-Kontext ist psychedelische Illustration eher selten (außer die Marke passt dazu, z.B. alternative Lifestyle-Produkte).
Collage und Mixed Media
Noch ein Retro-inspirierter Trend ist die Collagenillustration. Hierbei werden Fotos, Zeitungsfetzen, Malerei und Zeichnung zu neuen Bildern kombiniert – digital oder analog mit Schere und Kleber.

Viele Illustratorinnen und Illustratoren nutzen im Editorial-Bereich Collagen, weil sie stark auffallen und komplexe Botschaften in einer einzigen surrealen Szene vereinen können. Beispielsweise könnte für einen Artikel über Digitalisierung eine Vintage-Zeitungsausschnitt-Collage eines Menschen mit Smartphone-Kopf entstehen. Diese Technik war in der Dada- und Pop-Art groß, heute lebt sie weitgehend in Magazinen, Plakatkunst und Albumcovern weiter.
Mixed Media allgemein (das Kombinieren unterschiedlicher Techniken) wird auch oft genutzt, um Texturen zu erzeugen – etwa ein digital gezeichneter Charakter, aber mit eingescannten Aquarell-Wolken als Hintergrund. Solche Stilmixe vermitteln Tiefe und Materialität und können ein Design wertiger erscheinen lassen. Allerdings muss man aufpassen, den roten Faden zu bewahren, damit das Ergebnis nicht zu überladen wirkt.
Fazit
Illustrationsstile bieten schier unbegrenzte Möglichkeiten, eine Botschaft kreativ zu inszenieren. In der heutigen Designlandschaft existieren verschiedenste Trends parallel. Von vereinfachten Skizzen bis hin zu isometrischen 3D-Welten ist alles erlaubt und vieles denkbar. Wichtig ist, für jedes Projekt den Stil zu wählen, der zum Produkt, zur Marke und zur gewünschten Wirkung passt.
Professionelle Illustratorinnen und Illustratoren in Deutschland, Österreich und der Schweiz beherrschen meist mehrere Stile und können beraten, welcher Look sich eignet. Für Auftraggeber lohnt es sich, im Briefing klar zu formulieren, welche Atmosphäre oder Referenzen man im Sinn hat.
Gute Illustrationen können Designs eine persönliche, individuelle Note verleihen, die Fotografien, Standard-Grafiken oder KI-Bilder so womöglich nicht erreichen.
In diesem Sinne: Viel Spaß beim Experimentieren mit Formen, Farben und Stilen – die Möglichkeiten sind vielfältig.



